Vorsicht Starkregen
Was ist Oberflächenabfluss?
Bei starkem Regen bleibt ein Teil des Niederschlags auf der Bodenoberfläche, beispielsweise weil der Boden versiegelt, bereits mit Wasser gesättigt ist oder wenn das Wasser nicht genügend rasch versickern kann. Je nach Gefälle und Beschaffenheit des Geländes fliesst das Wasser anschliessend als sogenannter Oberflächenabfluss ab (auch «Sturzflut» oder engl. «surface runoff» genannt). Die Fliesswege folgen grösstenteils der Topographie und werden dabei von Feinstrukturen wie Strassen, Fahr- und Bearbeitungsspuren auf Feldwegen respektive Äckern und jeglichen weiteren «Hindernissen» beeinflusst. Je steiler und glatter die Bodenoberfläche, umso schneller fliesst das Wasser ab.
Gefahren und Schäden bei Oberflächenabfluss
Stets den tiefsten Punkt suchend, sammelt sich das Wasser in Senken und Mulden an – leider auch in ungeschützten Kellern und Tiefgaragen. Dort kann es grossen Schaden anrichten und Personen in Lebensgefahr bringen. Bereits geringe Wassertiefen von 20-30 cm können dazu führen, dass sich Türen nicht mehr öffnen lassen und Personen eingeschlossen werden. Zudem können Fenster und Türen bei weiter steigendem Wasserdruck plötzlich versagen, wodurch ganze Räume innert Sekunden geflutet werden.
Die Auswirkungen von Oberflächenabfluss sind sehr ähnlich wie bei Hochwasser ausgehend von Bächen, Flüssen oder Seen. Je nach dem wieviel und woher das Wasser zufliesst, können auch Schlamm, Geröll und Holz mittransportiert werden. Durch Nässe, Verschmutzung und Ablagerung von Feststoffen entstehen am und im Gebäude grosse Sachschäden. Die Schadenwirkung reicht typischerweise über die maximale Überschwemmungshöhe hinaus (Luftfeuchtigkeit, Kapillarität). Erfahrungsgemäss sehr kostenintensiv sind Schäden an technischen Anlagen wie Heizung, Fahrstuhl, Elektrohauptverteilung oder IT-Infrastruktur. Ebenfalls kostspielig sind Schäden an Aussenwärmedämmungen, falls diese grossflächig repariert oder ersetzt werden müssen. Auch chemische Reaktionen mit gelagerten Stoffen, bzw. deren Einlagerung oder Austragung können schwerwiegende Folgen haben (z. B. aufschwimmender Öltank). Vorbeugen lohnt sich deshalb!
Wissen Sie, von wo Wasser auf Ihr Gebäude zufliessen kann?
Um sich über die Gefährdung am Standort zu informieren und Massnahmen zu planen, hilft die Gefährdungskarte Oberflächenabfluss Schweiz. Diese zeigt abgestuft in drei Fliesstiefenkategorien die Abflusswege und Orte, an denen sich das Oberflächenwasser aufstauen kann.
grosse Kartenansicht in neuem Browserfenster öffnen
Legende
Weil bereits kleinste Geländestrukturen wie Trottoir-Ränder oder Stellriemen die Abflusswege beeinflussen, ist eine Beurteilung vor Ort wichtig. Dabei stehen die folgenden Fragen im Zentrum:
- Woher kommt das Wasser und wo fliesst es hin? Wo staut es auf, wenn die Entwässerung nicht funktioniert?
- Kann Wasser ins Gebäude eindringen oder die Fassade beschädigen? Wo und wie?
- Wie lässt sich das Wasser vom Gebäude fernhalten oder das Gebäude schützen?
- Wie beeinflussen geplante Bautätigkeiten den Wasserabfluss auf dem Grundstück und in der näheren Umgebung?
Übrigens: Die Entwässerungssysteme von Strassen und Grundstücken sind lediglich auf häufige, 5-10-jährliche Regenereignisse ausgelegt und bei einem Gewitterregen bereits überlastet. Sie können deshalb nur einen Bruchteil des anfallenden Wassers aufnehmen und leisten keinen zuverlässigen Beitrag, um Oberflächenabfluss schadlos abzuführen. Mit Laub, Hagel oder Schnee verstopfte Zuläufe verschärfen dieses Problem. Es muss davon ausgegangen werden, dass die Entwässerungssysteme im Ereignisfall nicht alles Wasser aufnehmen können. Auch ohne Zufluss von aussen fällt auf Privatgrundstücken bei Starkregen viel Wasser an, welches schadlos vom Gebäude wegzuführen ist.
Wirksamer Schutz vor Oberflächenabfluss
Die Lage und Ausgestaltung des Gebäudes sowie der Umgebung sind für den Schutz vor Oberflächenabfluss entscheidend. Wer Muldenlagen meidet und den Wasserabfluss konsequent vom Gebäude weg plant, erzielt bereits einen guten Schutz. Potenziell gefährdete Gebäudeöffnungen, wie beispielsweise Lichtschächte, können erhöht oder abgedichtet werden. Aufgrund der fehlenden bzw. zu kurzen Vorwarnzeit bieten ausschliesslich permanent installierte, konzeptionelle und bauliche Massnahmen einen zuverlässigen Schutz. Bei Zugängen und Garageneinfahrten können kleine Anhöhen mit Gegengefälle den Wassereintritt verhindern. Bei bestehenden Gebäuden mit beschränkten Platzverhältnissen eignen sich insbesondere automatische, rein mechanisch funktionierende Klappschotts. Auch Massnahmen an der Grundstücksgrenze oder das bewusste, kanalisierte Durchleiten des Wassers über das Grundstück können sinnvoll sein.
Gemäss ZGB Art. 689 darf der natürliche Wasserabfluss nicht zum Schaden der Nachbarn verändert werden, d.h. die Massnahmen dürfen die Gefährdung nicht auf andere Grundstücke verlagern. Sind mehrere benachbarte Objekte gefährdet, sollten koordinierte Massnahmen im Sinne eines Arealschutzes für ein ganzes Quartier geprüft werden. Solche Ansätze eines «integralen Regenwassermanagements», bei dem der Wasserabfluss bewusst geplant und Flächen für den kontrollierten Wasserrückhalt vorgesehen werden, bringen zudem eine Aufwertung des Lebensraums.
Um wirksame und kosteneffiziente Lösungen zu finden, müssen Gefährdung und Schutzziele möglichst früh in die Planung eines Neu- oder Umbaus einbezogen werden. Der Naturgefahren-Check zeigt standortgenau auf, ob ein Gebäude gefährdet ist und weist auf geeignete Massnahmen hin.
Weitere Informationen zur Gefährdungskarte Oberflächenabfluss