Nationale Schutzziele
Die Normen SIA 261 und SIA 261/1 definieren die Schutzziele für Neubauten und Anbauten. Zudem sind kantonale und kommunale Vorgaben zu respektieren, wobei diese die Anforderungen der beiden genannten Normen in der Regel nicht übersteigen. Folgende Schutzziele gelten für normale Wohn- und Geschäftsgebäude der Bauwerksklasse I (BWK I). Sie lassen sich bei Neu- oder Umbauten meist mit einfachen und kostengünstigen Massnahmen erreichen, sofern sie frühzeitig eingeplant werden.
Die Schutzziele gemäss SIA 261 und 261/1 werden nach Bauwerksklasse abgestuft (BWK I-III). Die Kriterien für die Einteilung in eine der drei Bauwerksklassen sind die mittlere Personenbelegung, das Schadenpotential und die Gefährdung der Umwelt infolge eines Versagens sowie die Bedeutung des Bauwerks für die Katastrophenbewältigung unmittelbar nach einem Ereignis.
BWK | Merkmale |
Beispiele |
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I |
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II |
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III |
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Für Bauwerke im Geltungsbereich der Störfallverordnung, für die eine Risikoermittlung verlangt wird, gilt diese Tabelle nicht. Für solche Bauwerke sind die Einwirkungen und die Regeln der gefahrengerechten Projektierung im Rahmen der Risikoermittlung festzulegen.
Die Norm SIA 261/1 legt das 300-jährliche Ereignis fest als Schutzziel gegen gravitative Naturgefahren (Hochwasser, Erdrutsch, Murgang, Steinschlag, Lawine). Unter dem Begriff Hochwasser sind Überschwemmungen infolge ausufernder Seen, Flüsse und Bäche sowie Oberflächenabfluss zu verstehen. Dieselbe Norm legt das 50-jährliche Ereignis fest als Schutzziel gegen Hagel für normale Wohn- und Gewerbegebäude. In den meisten Fällen ist ein Hagelwiderstand HW3 (3 cm Korndurchmesser) für alle Bauteile der Gebäudehülle sinnvoll und einfach umsetzbar.
Die Norm SIA 261 legt die Schutzziele für Sturm, Schnee und Erdbeben wie folgt fest:
- Sturm: 50-jährliches Ereignis*
- Schnee: 50-jährliches Ereignis*
- Erdbeben: 475-jährliches Ereignis
* Das effektive Bemessungsereignis ist seltener, wenn sämtliche Sicherheitsfaktoren gemäss SIA 261 berücksichtigt sind.
Bei Hinweisen auf ein stark erhöhtes Risiko (z.B. Sonderrisikoobjekte) kann ein höherer Schutz erforderlich sein. Wie viel Schutz es braucht, hängt primär von der Gebäudenutzung (gefährdete Personen und Sachwerte), der Art der Gefährdung, der Verletzlichkeit des Gebäudes sowie vom persönlichen Schutzbedürfnis ab. Letztlich können auch wirtschaftliche Überlegungen helfen, ein sinnvolles Gleichgewicht an Gebäudeschutz und erzielter Sicherheit herzustellen. Gegebenenfalls ist dies zu begründen und mit den Risikoträgern abzustimmen.
Der Nutzungszweck bzw. die Funktion eines Bauwerks kann höhere Schutzanforderungen rechtfertigen. So muss z.B. ein Spital auch bei einem Extremereignis noch funktionieren. Analog zu den abgestuften Schutzzielen für Erdbeben gemäss Norm SIA 261 sieht die Norm SIA 261/1 «Einwirkungen auf Tragwerke - Ergänzende Festlegungen» für sämtliche gravitativen Naturgefahren abgestufte Schutzziele vor. Für die BWK II und BKW III gelten höhere Anforderungen an die Tragsicherheit und Gebrauchstauglichkeit:
Unabhängig von der Einteilung in Bauwerksklassen definieren Behörden manche Gebäudenutzungen als Sonderobjekte oder Sonderrisikoobjekte. Dies ist insbesondere bei der Gefährdung durch Hochwasser, Erdrutsch, Steinschlag und Lawinen relevant.
Wenn die Schutzziele für Neubauten nicht erreicht werden können, sind bei bestehenden Gebäuden Kriterien der Verhältnismässigkeit massgebend. Das Gebäude muss in jedem Fall einen minimalen Schutz bieten (Personensicherheit). Darüber hinaus gehende Massnahmen müssen sinnvoll und verhältnismässig sein. Betrachtet über die verbleibende Nutzungsdauer des Gebäudes oder Gebäudeelements (z.B. Fassade) soll der Nutzen einer Schutzmassnahme mindestens so hoch sein wie die hierfür aufgewendeten finanziellen Mittel. Erkundigen Sie sich bei Ihrer Kantonalen Gebäudeversicherung betreffend Objektschutzmassnahmen und lassen Sie sich von einer Fachperson beraten.